Bereits seit Juli 2020 bietet die “Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern” (LSG) mit PlayChange eine Online-Beratung für Menschen mit einer glücksspielbezogenen Problematik an. Aus gutem Grund! Denn: In Bayern zeigen Schätzungen zufolge ca. 70.000 Menschen ein problematisches oder pathologisches Glücksspielverhalten (bundesweit sind es sogar 450.000 Menschen). Zudem spielen immer mehr Menschen im Internet, so dass eine Online-Beratung als Ergänzung zum bisherigen Angebot der LSG sinnvoll ist. Die Berater/-innen auf www.playchange.de sind alle Expertinnen und Experten der “Fachstellen Glücksspielsucht” sowie der Geschäftsstelle der LSG. Seit dem Start von PlayChange haben sich bereits mehr als 300 Personen zur Online-Beratung angemeldet und um Hilfe und Unterstützung gesucht.
Eine der Berater/-innen ist Christiane Mies von der “Fachstelle Glücksspielsucht” der “Fachambulanz für Suchterkrankungen” in Rosenheim unserer “Sozialen Dienste Oberbayern“. „Auch ich bin Beraterin vor Ort und freue mich über die zusätzlichen digitalen Beratungsmöglichkeiten, die die LSG mit PlayChange geschaffen hat“, erzählt Christiane Mies. Die Online-Beratung sei gerade jetzt ein wichtiger Baustein im Beratungsportfolio der LSG, da der neue Glücksspielstaatsvertrag, der im Juli 2021 in Kraft trat, erstmals in Deutschland Online-Glücksspiele in erheblichem Umfang offiziell erlaube. „Gerade als Suchtberaterin weiß ich, wie schwer der Schritt in eine Beratungsstelle ist. Da wir nun aber auch eine Online-Beratung anbieten, hoffen wir, mehr Menschen zu erreichen und dazu zu bewegen, sich Hilfe zu suchen“, sagt die Expertin. Denn oft vergingen Jahre, bis Betroffene den Schritt wagten, sich beraten zu lassen.
Aber auch Angehörige von Menschen mit einer glücksspielbezogenen Problematik können sich an die Expertinnen und Experten der LSG wenden!
Und was genau bietet nun die Beratungsplattform der LSG? „PlayChange bietet Beratung per geschütztem Mailsystem, per Chattermin oder per Messenger. Seit Juli 2021 gibt es auch eine Videoberatung. „Besonders wichtig ist uns das datenschutzsichere System nach Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung und mit Serverstandort in Deutschland. Und natürlich ist die Beratung über PlayChange vertraulich und erfolgt auf Wunsch anonym“, ergänzt Christiane Mies. Die Online-Beratung ist also besonders praktisch für all jene, die Hindernisse haben, in die Beratungsstelle zu kommen – möglicherweise, weil ihre Terminplanung schwierig ist oder sie nicht so mobil sind. Und: Die Beratung kann auch in einer Kombination aus Online-Beratung und Terminen am Telefon oder vor Ort stattfinden. Christiane Mies: „Es ist ganz einfach, die Hilfesuchenden gehen auf www.playchange.de und wählen mich als Beraterin aus. Oder sie vereinbaren telefonisch: 08031 356280 oder per E-Mail fachambulanz@sd-obb.de direkt einen Termin vor Ort: Fachambulanz für Suchterkrankungen Diakonie Soziale Dienste, Kufsteiner Straße 55 in 83022 Rosenheim.
Die Zahlen eingangs belegen, wie wichtig es ist, sich bei Glücksspielproblemen Hilfe zu suchen. Zirka 70.000 Menschen allein in Bayern und 450.000 bundesweit sind davon betroffen. Oftmals verspielen diese Menschen Haus und Hof, sie verlieren ihre Familie, ihre Jobs und ganz allgemein ihr soziales Umfeld. Nebenbei häufen Spielende, die sich Hilfe in einer Beratungsstelle gesucht haben, im Durchschnitt rund 25.000 Euro Schulden an. Menschen mit Glücksspielproblemen haben somit die größte Schuldenlast aller in den Suchtberatungsstellen beratenen Menschen.
Der neue Glücksspielstaatsvertrag wird das Problem aber noch verschärfen. Da Online-Glücksspiele – bis auf wenige Ausnahmen – nun erlaubt sind, werden viele das Internet dazu nutzen, denn dort sind die Glücksspiele rund um die Uhr verfügbar und einfach zugänglich. Christiane Mies: „Grundsätzlich bin ich dagegen, Online-Glücksspiel in diesem Umfang zu legalisieren. Denn die ständige Verfügbarkeit dieser Angebote erhöht das Risiko, eine Sucht zu entwickeln.“ Und auch das Einzahlungslimit von insgesamt 1.000 Euro pro Person und Monat hält die Beraterin für zu hoch. Genauso sehen das übrigens auch zahlreiche andere Suchtexpertinnen und -experten in ganz Deutschland. Die neue Spielersperrdatei wird hingegen begrüßt, da sie nicht nur die Spielhallen in den einschlägigen Stadtvierteln einschließt, sondern auch die zahlreichen Internetangebote. „Wer sich also im Internet sperren lässt, kann dann auch in einer Spielhalle oder Gaststätte nicht mehr an den Geldspielgeräten zocken“, sagt Frau Mies.
„Es gibt Hinweise, dass die Menschen wegen Corona mehr online unterwegs sind und vermutlich auch mehr Online-Glücksspiele gespielt haben. So haben im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr rund zehn Prozent mehr Hilfesuchende in den bayerischen Fachstellen für Glücksspielsucht Online-Glücksspiele als präferierte Spielform angegeben. Wir gehen davon aus, dass sich der Trend auch in 2021 fortsetzt.“ Und Fr. Mies ergänzt abschließend: „Viele, die während der Corona-Pandemie Probleme mit Glücksspiel entwickelt haben, haben sich wahrscheinlich noch nicht zur Beratung angemeldet. Für andere, die vor allem in die Spielhallen gehen, waren die Schließungen durch die Corona-Maßnahmen eine Möglichkeit, sich vom Glücksspiel zu distanzieren. Für sie ist es nun eine Herausforderung, dass die Spielhallen wieder offen sind und sie einen neuen Umgang mit dem Spieldruck finden müssen.“