Reflexion zum Verhältnis zwischen Diakonie und Kirche

Im Rahmen der dritten Sitzung des Leitbildprozesses der Diakonie Rosenheim am Freitag, 29. November 2024 standen das Verhältnis zwischen Diakonie und Kirche sowie die Rolle der Diakonie in einem gesellschaftlichen Netzwerk im Mittelpunkt. Die Sitzung brachte wichtige Impulse und Diskussionen hervor, die eine Grundlage für die weitere Ausarbeitung des Leitbildes bilden.

Historische Einordnung und heutige Herausforderungen

Prof. Dr. Christian Albrecht führte in einem ausführlichen Impuls in die historische Entwicklung der Beziehung zwischen Diakonie und Kirche ein. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die Kirche im Bereich sozialen Handelns durch organisatorische Entlastung zurückgenommen, was jedoch zu einem Bedeutungsverlust führte. Gleichzeitig haben die entstehenden Diakonien und Diakonievereine eine eigenständige gesellschaftliche Position erlangt, die positiv wahrgenommen wird. Dieses historische Spannungsverhältnis prägt bis heute die Zusammenarbeit und das Selbstverständnis der beiden Akteure.

Es wurde diskutiert, dass die Diakonie nicht in einem hierarchischen Verhältnis zur Kirche steht, sondern beide Organisationen in einer wechselseitigen, jedoch asymmetrischen Beziehung agieren. Die Kirche liefert der Diakonie Ideen und Gemeinschaftsformen, die ihre evangelische Identität stärken. Umgekehrt übernimmt die Diakonie den Auftrag sozialen Handelns, den die Kirche strukturell nicht leisten kann. Dieses Zusammenspiel ist geprägt von Eigenständigkeit in Handlungslogik, Organisation und Finanzierung, was die Grundlage für pragmatische Kooperationen schafft.

Klärung der Identität und der Netzwerke

Ein wichtiges Ziel des Leitbildprozesses ist es, die Identität der Diakonie Rosenheim klar zu benennen. Dabei gilt es, ihre Rolle als eigenständige Organisation innerhalb eines vielfältigen Netzwerks zu definieren. Die Diakonie sieht sich als Akteur, der mit Trägern und Organisationen verschiedener Hintergründe kooperiert. In diesem Kontext muss das Verhältnis zur evangelischen Kirche präzise dargestellt werden: nicht als hierarchische Bindung, sondern als eine von mehreren Kooperationen in einem Netzwerk, das auf gemeinsamen Werten und Zielen basiert.

Sprachliche Zugänglichkeit und Markenprofil

Ein weiterer Schwerpunkt der dritten Sitzung lag auf der sprachlichen Zugänglichkeit des Leitbildes. Es wurde vorgeschlagen, zusätzlich zur Hauptversion des Leitbildes eine leicht verständliche Version zu erstellen, um die Werte und Ziele der Diakonie einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Gleichzeitig wurde betont, dass die Diakonie Rosenheim ihre Marken („Jugendhilfe Oberbayern“, „Soziale Dienste Oberbayern“ etc.) und Namensformen klar kommunizieren muss, um ihre Identität nach innen und außen zu stärken.

Ausblick: Verhältnis von Mitarbeitenden und Führung

Die Diskussion des Verhältnisses zwischen Diakonie und Staat, insbesondere im Kontext von Subsidiarität und Einfluss auf Sozialpolitik, wurde als wichtiges, jedoch gesondertes Thema benannt. Die nächste Sitzung am 11. Dezember 2024 in München wird sich mit dem Verhältnis von Mitarbeitenden und Führung befassen. Die Führungsgrundsätze sollen dabei ebenfalls berücksichtigt werden.

Text: Dr. Marc Rothballer

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